Angela Jedek, Absolventin Animation
“Auf die Feinheiten beim Animieren kommt es an.“
Als größte in ihrer Klasse wollte Angela Jedek im Grundschulalter noch Stewardess werden, schon bald aber gewann ihr großes Interesse an Kunst und Grafik die Oberhand. „Mathematik und Kunst waren meine liebsten Fächer, und da ich mich so sehr für Kunst in all ihren Formen begeistern konnte, erschien es mir irgendwie einfach logisch, ein Kunststudium zu beginnen.“
Sie begann das Studium der Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, entdeckte über ihren damaligen Freund und heutigen Mann, der Kameramann ist, aber auch immer mehr ihre Begeisterung für die Kunst des Films. Mit einem Film, in dem sie Gesichtsanimationen auf Gipsköpfe projizierte, bewarb sie sich an der Filmakademie, wurde zur Aufnahmeprüfung eingeladen, bekam eine Zusage.
In ihrem Animationsstudium in Ludwigsburg fühlte sich Angela Jedek von Anfang an wohl, bemerkte aber deutliche Unterschiede zu ihrem vorherigen Studium in Stuttgart. „An der Kunstakademie in Stuttgart ging es etwas verspielter zu, man konnte mehr probieren. An der Filmakademie hingegen wurde deutlich ehrgeiziger gearbeitet, das merkte man sofort. Ich stand viel mehr mit meinen Kommilitonen in Konkurrenz als an der Kunstakademie.“
Nach dem Grundstudium, mit dem Einstieg ins dritte Jahr, durfte Jedek selbst am Computer animieren und eigene Projekte verwirklichen. „Das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Der Konkurrenzdruck wurde zwar größer, aber gleichzeitig wuchsen auch die eigenen Möglichkeiten, Ideen zu verwirklichen. Damals mussten wir uns zu dritt einen Rechner teilen, das bedeutete oft lange Wartezeiten. Aber das ist ja heute zum Glück nicht mehr so“, lacht sie.
Angela Jedek genoss ihre Zeit am Animationsinstitut sehr und fühlte sich von ihren Dozenten stets unterstützt und begleitet. „Thomas Haegele hat uns gut betreut und hatte oft sehr sinnvolle, hilfreiche Ratschläge. Von ihm habe ich viel gelernt.“
Ein Projekt, das ihr besonders viel bedeutete, war ihr Diplomfilm WO IST FRANK? (2001). Für ihn hatte sie 2000 bereits den Caligari-Förderpreis bekommen. „In WO IST FRANK konnte ich handgezeichnete Texturen mit 3D-Figuren verbinden und habe den Film auch größtenteils alleine gemacht. Dass ich dafür den Förderpreis bekommen habe, hat mich sehr gefreut und mir enorm geholfen.“
Der Übergang vom Studium ins Berufsleben gelang Angela Jedek problemlos. „Nach dem Studium ging es bei mir ohne Pause weiter. Über ehemalige Kommilitonen, die nach ihrem Aka-Abschluss ihre eigene Firma gegründet hatten und für ihre Projekte noch freischaffende Mitarbeiter suchten, bekam ich meine ersten Aufträge. Wenn man flexibel genug war, kam man als Freelancer gut zurecht.“ Ihr Diplomfilm lief in den Monaten nach ihrem Abschluss auf zahlreichen Festivals, unter anderem auch auf dem Siggraph in Los Angeles. Dadurch wurde die US-Filmfirma Digital Domain auf Angela Jedek aufmerksam und fragte sie für den Film I, ROBOT mit Will Smith in der Hauptrolle als Animatorin an. Nach einem Interview sagten beide Seiten zu und sie flog in die Staaten. „Ich hatte sehr viel Glück. Es hätte mir passieren können, dass ich nur einen einzigen Shot machen darf, an dem ich dann monatelang feilen muss, aber ich durfte tatsächlich ganze 48 Shots machen.“
Das Arbeitsklima in L.A. erlebte sie als sehr positiv: „Die Amerikaner sind wahre Meister darin, dich zu motivieren. Sie geben dir das Gefühl, ein unverzichtbarer Teil des Teams zu sein.“
Nach ihrem Jahr in L.A. zog Angela Jedek zurück nach Deutschland und hat seit einiger Zeit eine Festanstellung bei M.A.R.K.13 – Electronic Media in Stuttgart inne. „Den Firmeninhaber Holger Weiss kannte ich aus meiner Studienzeit an der Filmakademie. Als er mich angefragt hat, habe ich mich sehr gefreut.“ Mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt sie in Gerlingen. Ihre Festanstellung lasse sich auch im Alltag sehr gut mit ihrer Familie vereinen: „Ich kann mir meine Zeit im Job recht frei einteilen, das ist super. Wenn ich morgens um acht Uhr komme, ist meist noch keiner da; wenn ich gehe, geht es bei meinen Kollegen gerade richtig los“, lacht sie. „Es ist sehr schön, dass die Firma mir das ermöglicht.“
Zweifel an ihrem Job habe sie nie gehabt. „Manchmal ist es mein Traumberuf, manchmal nicht. Das hängt natürlich immer vom Projekt ab. Für HUI BUH hat uns Michael Bully Herbig extra alle Aktionen und Bewegungen selbst vorgespielt, um uns eine Vorstellung davon zu geben, wie wir animieren sollten. Das hat großen Spaß gemacht. In Amerika hatten wir Schauspieler, von denen wir ein Referenzspiel bekommen haben, allerdings musste man sich ganz strikt an diese Referenzen halten. Je näher du an diese Referenzen gekommen bist, desto zufriedener war der Regisseur.“
Bis heute sind ihre Aufgaben meist in den Bereichen der Animation, des Texturings und Modelings angesiedelt. „Für mich ist das Besondere an meinem Job, wenn ich Figuren animieren darf und es schaffe, ihnen Emotionen zu geben, die den Zuschauer vergessen lassen, dass es Animationen sind.“ Bei allem, was sie tue, sei es ihr wichtig, dass im Gesamtbild stets eine gewisse Harmonie erkennbar sei, sowohl im Großen wie auch im Kleinen. „Ich mag ‚Character’ mit Gesichtern. Es muss dabei nicht immer gleich um den großen Film gehen, sondern kann auch eine Entwicklungsphase sein, in der man Figuren oder das Design eines Characters entwickelt. Das mache ich besonders gerne.“ Facial Animation ist auch in ihren Seminaren, die sie regelmäßig an der Filmakademie gibt, der Schwerpunkt.
Ein Studium an der Filmakademie in Ludwigsburg sei eine tolle Chance für junge Filmschaffende, so Jedek. „Ich kann die Filmakademie als Studienort definitiv empfehlen, denn sie bietet sehr viele Möglichkeiten des kreativen Schaffens, viele Ansprechpartner, wenn du sie möchtest, und ein riesiges Netzwerk, in dem man Kontakte knüpfen kann. Und du kannst dich künstlerisch austoben.“ Der künstlerische Teil ihrer Arbeit begeistert sie bis heute auf besondere Art und Weise. „Meistens sind es die Kleinigkeiten beim Animieren, die einen Charakter ausmachen. Das ist das Spannende daran. Wann setzt du einen Blinzler? Feinanimation ist eine sehr schöne Sache.“
Autorin: Meike Katrin Stein