Thorsten M. Schmidt, Absolvent Regie/Szenischer Film

"Ich wollte immer Geschichten erzählen und Leute begeistern." 

Mit seinem Abschlussfilm ROCHADE gewann Thorsten M. Schmidt den Studenten-Oscar in Los Angeles. Seitdem ist der Regisseur mit zahlreichen Spiel- und Werbefilmen erfolgreich.  

„Ich saß in diesem Kino und dachte: Wahnsinn!“ So beschreibt Thorsten Schmidt den Moment, als er seinen Abschlussfilm in Los Angeles auf großer Leinwand sah. Der Regisseur sieht das Spannendste seiner Arbeit darin, den „perfekten Moment aus dem Zusammenspiel von Bild und Ton zu schaffen und damit etwas im Zuschauer auszulösen.“  

Kostbare Kamera 

Die Leidenschaft für Bewegtbild führte dazu, dass Thorsten Schmidt schon während seiner Schulzeit alle Überredungskünste anwandte, um an die einzig existierende Kamera seiner Schule zu gelangen. Der Religionslehrer händigte ihm das kostbare Stück schließlich mit der Bedingung aus, im Gegenzug einen Film für seinen Unterricht zu erhalten. Sein vorgegebenes Thema: der Tod. Kein leichter Einstieg, aber Schmidt machte sich mit Feuereifer auf den Weg zu Beerdigungsinstituten und Altersheimen. Und dachte sich seine ersten Spielfilmszenen aus, die er zusätzlich zum dokumentarischen Material inszenierte. Seine Arbeit kam gut an, und so entstanden im Lauf der Schulzeit immer weitere Filme. "Ich habe nie wirklich daran gedacht, dass ich einen richtigen Beruf daraus mache. Das war mir fast zu abstrakt“, erinnert er sich. „Wahnsinnig Spaß“ hat es ihm aber gemacht, und am Ende fragten die Lehrer ihn, ob Film nicht etwas für seine Zukunft sein könnte. 

Filmcamp 

Nach zwei fehlgeschlagenen Bewerbungen an Filmhochschulen, einem Job als Kabelhelfer und einem sehr lehrreichen Praktikum in einer Werbe- und Imagefilmproduktion in Stuttgart „hat plötzlich die Filmakademie aufgemacht“. Schmidt nutzte die Chance, bewarb sich, und diesmal klappte es. Sein Studium fühlt sich für ihn rückblickend an wie ein langes, intensives „Filmcamp“. „Es war sehr familiär, alle haben sich sofort gekannt und sich gegenseitig geholfen.“ Tolle Freundschaften und berufliche Kontakte seien in dieser Zeit entstanden. „Wir sind sehr spielerisch herangegangen“, sagt er. Bildgestaltung wie auch Regie interessierten ihn gleichermaßen. Ein Projekt half schließlich bei der Entscheidung für einen Schwerpunkt. „Es sollte der perfekte Film werden“, berichtet er über das Projekt im zweiten Studienjahr. Der Anspruch war hoch, das Drehbuch in der Entwicklung schwierig, viele Leute redeten auf ihn ein, Stresspegel und Druck stiegen an. Thorsten Schmidt kämpfte sich durch das Projekt, entschied währenddessen, danach seinen Schwerpunkt wohl besser auf Bildgestaltung zu legen. Und dann „bin ich meinem Gefühl gefolgt und habe den Film so gemacht, dass er sich für mich gut und richtig angefühlt hat“, sagt er. Damit hatte Schmidt Erfolg. Der Saal tobte bei der Aufführung vor Begeisterung, und die Dozenten überredeten ihn dazu, den Weg der Regie weiter zu beschreiten. „Vertrau dir selbst“, ist die Erkenntnis, die er aus diesem Erlebnis für sich mitgenommen hat. 

Der Studenten-Oscar 

Sein Abschlussfilm ROCHADE wurde zu einem Höhepunkt auf Schmidts Karriereweg. Dass sein Film bei den Studenten-Oscars eingereicht wurde, hatte der damalige Student nicht mehr auf dem Schirm, als er seinen Anrufbeantworter abhörte. Ein Journalist aus Belgien habe sich an der Filmakademie gemeldet, es ginge um einen Gewinn, sagte die Stimme der Sekretärin des damaligen Filmakademie-Direktors Albrecht Ade auf dem Band. „Ist es vielleicht der Oscar?“, blitzte es kurz bei ihm auf. Internet gab es zu dieser Zeit keines in seiner Wohnung. Der Jungregisseur hetzte also zur Filmakademie und saß eine gefühlte Ewigkeit vor dem Computer, auf dem sich die Seite nur ganz langsam in Stufen aufbaute. „Plötzlich tauchte unser Film auf. Ich habe so geschrien vor Freude“, lacht er. Er hatte ihn gewonnen, den Studenten-Oscar, und brüllte mitsamt seinem Team in stürmischer Begeisterung aus dem Fenster.  

Der Debütfilm 

Zu neunt flog das Filmteam nach Los Angeles, um den Preis entgegenzunehmen. „Damals war das der Super-Knaller“, erinnert er sich. Amerikaner riefen anschließend an, die ihn vertreten wollten und immer wieder wurden ihm Drehbücher geschickt. Eine Geschichte, die seine Begeisterung jedoch wirklich entfachte kam aus Deutschland. Er las das Drehbuch zu dem Kino-Episodenfilm SCHNEE IN DER NEUJAHRSNACHT. „Das war ein super Buch, das ich unbedingt machen wollte“, erzählt Thorsten Schmidt. Ein Jahr lang arbeitete er mit Feuereifer an dem Projekt. Auf Festivals lief der Film ebenso gut wie bei den Test-Screenings vor dem Start. Doch er wurde kein Kassenerfolg. „Die Zuschauer wussten nicht, dass es diesen Film überhaupt gibt“, stellt er fest. „Das war für uns eine richtig harte Erfahrung.“

Thorsten Schmidt trifft auf Siegfried Lenz 

Der Wahl-Berliner arbeitete in den darauf folgenden Jahren an einigen Fernseh- und vielen Werbefilmen. Dann ergab sich die Möglichkeit einer Verfilmung eines Werkes des Autors Siegfried Lenz. „Mich hat das Projekt ARNES NACHLASS unheimlich gereizt. Mir war bewusst, dass es eine seltene Chance ist, etwas derart ‚aus der Zeit Gefallenes‘ zu machen“, sagt er. Dass die Hauptfigur Arne so eindrucksvoll wie möglich erzählt wird, sah Thorsten Schmidt als Bedingung, um aus der Literaturvorlage einen spannenden Film zu kreieren. Das Projekt gehört für ihn zu seinen eindrucksvollsten Arbeiten. „Dass ich mit meinem eher unterhaltenden Ansatz ausgerechnet auf Siegfried Lenz treffe, der in der Romanvorlage eher die klassische Dramaturgie meidet und hauptsächlich in Beobachtungen der Figuren schwelgt, war für mich eine völlig neue Herausforderung“, erklärt er. Die Mühe hat sich gelohnt. Nun arbeitet Schmidt an der Verfilmung der Romanvorlage SCHWEIGEMINUTE, ebenfalls aus der Feder von Siegfried Lenz.  

Neues Herzensprojekt 

Thorsten Schmidts Wunsch, erneut eine eigene Geschichte auf den Weg zu bringen, wurde mit den Jahren immer stärker. Eine seiner Ideen reifte heran, und nun arbeitet der Regisseur an einem „ganz anderen Nahost-Film, als man es gewohnt ist.“ Die Geschichte setzt auf ein starkes Mädchen in einem Land, in dem Frauen wenig Mitspracherecht haben. Das Projekt ist dem Regisseur sehr wichtig, am Drehbuch hat er selbst mitgeschrieben. Unterstützung gibt es bereits, der Film steckt mitten in der Finanzierungsphase. "Ich bin stolz darauf, ein eigeninitiiertes Projekt bisher so weit gebracht zu haben“, sagt er. Dieser Film knüpft auch dort an, wo für ihn alles begann – bei seiner Liebe zum Kinofilm, die nach wie vor ungebrochen ist. „Das Wichtigste bleibt aber“, sagt Thorsten Schmidt, „dass ich, unabhängig davon, ob es sich um das Format Kino, Fernsehen oder Werbung handelt, gute Filme machen und starke Geschichten erzählen kann. Das war immer mein Ziel.“

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Autorin: Elena Preine